Heimatlos und zerrissen.
Mein Leben zwischen zwei Kulturen
Kennen Sie das Gefühl, wenn man sich auf einer Party völlig fremd fühlt? Man kommt mit den anderen Gästen nicht ins Gespräch, hat unterschiedliche kulturelle
Interessen und wird einfach nicht warm miteinander.
Dieses Gefühl durchleben zahlreiche Flüchtlinge in Deutschland beim Versuch der Integration. Und dieses Gefühl kennt Metin Aktay schon seit seiner Geburt.
Obwohl er in Deutschland geboren und ein waschechter Badener ist, gilt er für viele noch als Ausländer. Seine strenge muslimische Familie hat mit ihm gebrochen, als er sich in eine katholische Frau
verliebte.
Seine Ansichten über die Sprache als Integrationsmittel # 1 und seine Heimatlosigkeit, seine Zerrissenheit zwischen der türkischen und deutschen Kultur beschreibt er in diesem bewegenden Buch über sein Leben.
METIN AKTAY
lebt seit ungefähr 16383 Tagen, 5 Stunden und 30 Minuten in Deutschland ... und fühlt sich nach all der Zeit noch immer heimatlos und zerrissen.
Für die Türken ist er kein Türke, für die Deutschen kein Deutscher.
ISBN 978-3-940853-48-9
Taschenbuch, 220 Seiten
EUR 12,–
Warum schrieb ich dieses Buch?
In einer Zeit, in der Menschen ihre unsichere Heimat verlassen müssen und notgedrungen zu Flüchtlingen werden, kommt viel Diskussionsbedarf in der Bevölkerung auf.
„Gefährden die Ausländer unsere Kultur?“, „Passen sie sich unseren gesellschaftlichen Werten an?“, „Wie kriminell sind die Flüchtlinge und müssen wir Angst vor ihnen haben?“
Viele Ansichten sind differenziert, wägen Pro und Contra ab, andere wiederum sind sehr polemisch, pauschalisieren die Flüchtlinge.
Auch auf deren Seite stellen sich existentielle Fragen. „Wie soll es weitergehen?“, „Wie willkommen sind meine Familie und ich im fremden Land?“, „Kann ich bleiben oder muss ich weiterziehen?“
Mit diesem Buch möchte ich die Chance nutzen, die Ansichten eines in Deutschland geborenen, badischen Türken zum Thema Integration wiederzugeben und über mein äußerst bewegtes Leben zu erzählen.
Vielleicht hilft es dem interessierten Leser, meine Erfahrungen als Ansporn zu sehen, das Thema Integration einmal von beiden Seiten zu betrachten.
Die aktuelle Diskussion über Flüchtlingsströme und Integration spielte mir beim Schreiben in die Hände, die Gedanken flossen nur so aus meiner Feder, immer gepaart mit meiner eigenen
Vergangenheit.
Als ich mich damals dazu entschloss, meinen eigenen Weg zu gehen, waren alle Türen für mich verschlossen. Ich sah den einzigen Ausweg, quasi einen Generalschlüssel für
mein neues Leben, im Aneignen der wichtigsten Voraussetzung für eine Eingliederung: die Sprache der Deutschen. Nachdem ich sie erlernte, habe ich auch schnell eine Anbindung in der deutschen
Gesellschaft finden können. Durch die Sprache öffnete sich eine Tür nach der anderen für mich.
Leider passte dieser Generalschlüssel nicht in das Türschloss meiner türkischen Kultur. Ich wurde verstoßen und verachtet. Man darf nicht vergessen, dass nicht alle Migranten meine
integrationswillige Einstellung teilen. Die bedrückende Erfahrung, von der eigenen Familie geächtet zu werden, brachte mich an einen dunklen Ort; ich durchlitt eine depressive Phase in meinem Leben.
Als ich mich dazu entschied, meinen eigenen Weg zu gehen und mich von meiner Familie zu lösen, wusste ich, dass eine Rückkehr nicht mehr möglich war. Jedoch wollte ich es nicht wahrhaben, versuchte
sogar, zu meiner Familie zurückzufinden, als ich mich sehr alleingelassen fühlte. Doch die Chance, wieder Geborgenheit zu finden, gab mir meine türkische Familie nicht, und so erkannte ich erst nach
vielen Versuchen, dass meine tatsächliche Familie mittlerweile überwiegend aus deutschen Freunden bestand. Bald entfernte ich mich immer mehr von der türkischen Kultur, Tradition und von der
türkischen Gesellschaft – von der ich von vorneherein keine Anerkennung erfuhr.
Lange Zeit haderte ich mit der fehlenden Anerkennung. Ich fühlte mit der Zeit, wie das Loch, in dem ich mich befand, immer tiefer wurde; ich befand mich im freien Fall – je tiefer ich fiel, desto
depressiver wurde ich. Durch meine Depression wurde der Weg vor mir immer steiniger, ich wusste nicht, wie ich ihn ohne Unterstützung gehen sollte. Doch „auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt
werden, kann man Schönes bauen.“ (Goethe) So begann ich, mein Tief dadurch zu überwinden, indem ich anfing, alles aufzuschreiben, was mich bedrückte und belastete.
Beim Schreiben ließ ich mein bisheriges Leben Revue passieren; es tat mir gut und ich konnte nicht aufhören. Die heilende Kraft des Schreibens war aber nicht nur mir allein beschert, in vielen
Gesprächen erfuhr ich von anderen Menschen, dass es ihnen auch so ging wie mir.
So schrieb ich immer mehr Zeilen, bis das Puzzle für mich ein Bild ergab und mein Buch entstand.
Ich möchte anderen Migranten klar machen, dass man den Schlüssel benötigt, um sein Ziel in der fremden Gesellschaft erreichen zu können. Es klingt so hart, wie es ist: Man kann nicht das Eine wollen
und das Andere erreichen. Es gibt nur einen Weg. Das Ziel meines Buches ist es, sich darüber ernsthaft Gedanken zu machen, dass ein Miteinander besser ist als ein Nebeneinander.
Was gibt es Schöneres, als seine Kultur, Tradition etc. dem Gastgeber in seiner eigenen Sprache nahezubringen?
Es gibt eine Menge geläufiger Redewendungen, die auf mein Leben zutreffen und die in meiner Geschichte immer und immer wieder auftauchen:
* Der Krug geht nur so lange zum Brunnen, bis er bricht.
* „Manche Menschen können den Regen spüren. Andere werden nur nass.“ (Bob Marley)
* Fremde Fehler beurteilen wir wie Staatsanwälte, die eigenen wie Verteidiger.
* Wenn das Herz voll ist, dann läuft der Mund über!
* „Wenn man glaubt, etwas zu sein, dann hat man aufgehört, etwas zu werden.“ (Sokrates)
* „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh‘ ich wieder aus.“ (Wilhelm Müller)
Meine Erlebnisse haben tiefe Wunden hinterlassen. Nicht zu wissen, wo ich hingehöre, hat mich geprägt und meinen Lebensweg stark beeinflusst. Mein Herzgefühl war unbegrenzt, meine Möglichkeiten
hingegen nicht. Wenn meine Familie gewusst hätte, dass ich eines Tages gehen würde und ich ihre begrenzte Welt verlassen würde, hätten sie es nicht für möglich gehalten. Die Frage, ob ich irgendwann
zurückkehren könnte, würde sich auch nie für sie stellen. Ihre Ansicht war knallhart: Einmal weg, für immer weg.
Alles, was ich brauchte, war der Mut, diesen Weg zu gehen.
Auf diesem Pfad habe ich allerdings auch falsche Abzweigungen gewählt und Fehler gemacht, die für mich mit Schmerzen, Angst und Zweifel verbunden waren, lange hatten meine Fehler Auswirkungen auf
mein Leben. Es wurde endlich Zeit, dass ich aufwache und mein eigenes Leben lebe.